9. September 2010

Schwierige Gegenwehr

Das Computermagazin c’t  behauptet in einem Beitrag der Redakteure Holger Bleich, Joerg Heidrich und des Rechtsanwaltes Thomas Stadler in Heft 19/2010, obwohl die Fehlerquote bei der Beweiserhebung in den P2P-Tauschbörsen exorbitant hoch sei, würden Anträge auf Herausgabe der Daten der Anschlussinhaber vom Landgericht Köln „fast ausnahmslos ohne Prüfung durchgewunken“. Nach Mitteilung der Staatsanwaltschaft Köln an das Landgericht seien im Jahr 2008 erfahrungsgemäß 50 bis 90% der in Strafanzeigen wegen Filesharing mitgeteilten Datensätze vom Provider nicht zuzuordnen gewesen. Nachdem die Strafkammer deshalb in einem zitierten Beschluss die Akteneinsicht für den Anzeigeerstatter im Strafverfahren verweigert habe, habe „die Zivilkammer“ erstmals die angeblichen Beweise für ausreichend erklärt und den Massenabmahnern einen Freifahrtschein zur Entanonymisierung zigtausender Anschlussinhaber gegeben. Dies sei ein Skandal.

Wir halten die Kritik der c’t für haltlos und die Darstellung für irreführend. Im Interesse unserer Mandanten möchten wir folgende Punkte klarstellen:

Die Verfahren um Providerauskunft nach §101 UrhG werden am Landgericht Köln turnusgemäß abwechselnd von insgesamt 28 Zivilkammern mit rund 90 Richtern entschieden.

Die in dem Beitrag angeführte Entscheidung einer Strafkammer des Landgerichtes Köln bezog sich ausweislich der Entscheidungsbegründung auf Ermittlungsdaten eines uns nicht bekannten Ermittlungs­unter­nehmens aus dem Jahr 2007, die Gegenstand von Strafanzeigen eines uns ebenfalls nicht bekannten Geschädigten wurden. Das Gericht führt nach Darlegung der Unzulänglichkeit der vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen zu den Ermittlungen aus: “Die Kammer zweifelt nicht daran, dass die Antragstellerin nach bestem Wissen und Gewissen ihre Erkenntnisse vortragen möchte. Deren Verlässlichkeit kann das Gericht aber nicht abschätzen.” Das Gericht wertet schließlich die Auskunft der Staatsanwaltschaft, häufig seien bei Providern eingereichten Daten nicht zuzuordnen gewesen, als Indiz gegen die Zuverlässigkeit der Ermittlungen. Es geht dieser Frage jedoch nicht weiter nach, weil es jedenfalls mit den vorhandenen Informationen nicht auf sicherer Basis zugunsten der Antragstellerseite entscheiden konnte. Das mag in dem dortigen Verfahren auch vollkommen richtig gewesen sein.

Daten können jedoch vom Provider bei Anfragen der Polizei oder Staatsanwaltschaften häufig schlicht deshalb nicht zugeordnet werden, weil sie bei Eingang der Nachfrage bereits gelöscht sind. In diesem Fall liegt darin offensichtlich  kein Beleg über die Unzuverlässigkeit der Ermittlung der IP-Adressen. Ob die Nachfragen der Staatsanwälte zu spät kamen oder tatsächlich Hinweise auf falsche Ermittlungsdaten vorlagen, kann man weder dem Beschluss des LG Köln klar entnehmen, noch dem c’t-Artikel.

Es liegt auf der Hand, dass die Unklarheit über die Zuverlässigkeit von Ermittlungen in dem angeführten Fall nicht ohne Weiteres den Schluss zulässt, ähnliche Ermittlungen in anderen Fällen seien unzuverlässig.

Ob die Zivilkammern über vergleichbar unsichere Daten entschieden haben und welche Angaben zur Zuverlässigkeit der Ermittlungen im Zuge dieser Verfahren gemacht wurden, ist dem Beitrag der c’t nicht zu entnehmen.

Den Richtern pauschal mangelnde Sorgfalt zu unterstellen, ist jedenfalls durch die von der c’t mitgeteilten Tatsachen nicht gerechtfertigt. Vielmehr zeigt die angeführte Entscheidung, dass am Landgericht Köln etwaige Anträge von Rechteinhabern gerade nicht „durchgewunken“ werden.

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